
Von Datenstrategie zur KI-Reife – Was Unternehmen wirklich brauchen, bevor sie loslegen
Dr. Gillian Kant, Senior Data Scientist bei der Finanz-DATA GmbH und tätig an der Georg-August-Universität Göttingen, gibt im Interview Einblicke in die zentralen Schritte auf dem Weg von einer durchdachten Datenstrategie hin zur unternehmensweiten KI-Reife. Er spricht über konkrete Praxisbeispiele, typische Herausforderungen und Erfolgsfaktoren für datengetriebene Organisationen.
Viele Unternehmen wollen ‚etwas mit KI machen‘ – aber fehlt oft eine solide Datenstrategie. Warum ist diese so entscheidend, bevor man überhaupt an Modelle denkt?
Bevor man an KI-Modelle denkt, muss klar sein, welche Daten verfügbar sind, wie sie erhoben, strukturiert und gesichert werden. Ohne einheitliche Definitionen und saubere Datenquellen entstehen Inkonsistenzen und Fehlschlüsse. Eine Datenstrategie legt fest, welche Daten für welchen Anwendungsfall relevant sind, wer für Qualität und Verwaltung zuständig ist und wie Datenschutz sowie Compliance gewährleistet werden. So verhindert man Insellösungen, spart Aufwand bei der Datenaufbereitung und schafft die Basis für skalierbare KI-Projekte.
Was sind aus Deiner Sicht die wichtigsten Bausteine auf dem Weg zur KI-Reife – technisch, organisatorisch und kulturell?
Ich denke auf technischer Ebene braucht es eine flexible Infrastruktur: skalierbare Rechenressourcen und automatisierte Pipelines zur Datenaufbereitung. Organisatorisch sind klare Verantwortlichkeiten entscheidend. Eine agile Projektmethodik sorgt für schnelle Feedback-Zyklen. Kulturell wiederum müssen Mitarbeiter datenkompetent werden: Schulungen in „Data Literacy“, offener Austausch über Erfolge und Misserfolge sowie Motivation für datengetriebene Verbesserungen. Ich bin der Meinung, dass Technologie, Organisation und Kultur zusammen das Gerüst bilden, auf dem eine KI-fähige Unternehmenskultur wachsen kann.
Wie lässt sich der Reifegrad eines Unternehmens realistisch einschätzen – und welche Tools oder Frameworks helfen bei der Standortbestimmung?
Der Reifegrad lässt sich durch Analysen mit Frameworks wie dem „Data & Analytics Maturity Model“ von Deloitte ermitteln. Dieses Framework bewertet Dimensionen wie Datenqualität, Technologie-Stack, organisatorische Prozesse und Kultur entlang definierter Stufen von „Ad hoc“ bis „optimiert“.
Was würdest Du sagen: Ab wann ist ein Unternehmen überhaupt ‚bereit‘ für KI – und woran erkennt man das?
Ich denke das ein Unternehmen bereit ist für KI, wenn es eine klare Datenstrategie, validierte Use Cases und erste PoCs gibt.
Solch ein Unternehmen betreibt automatisierte ETL-Pipelines, nutzt eine zentrale Plattform für Analysen und Deployment und verfügt über ein interdisziplinäres Team, das Business-Fragestellungen in technische Lösungen übersetzt. Entscheidend sind etablierte Daten-Richtlinien, freigegebene Budgets für KI-Projekte sowie nachweisbare Effizienz- oder Umsatzsteigerungen durch Data-Science-Initiativen.
Wenn Du in drei Jahren zurückblicken – woran würdest du erkennen, dass ein Unternehmen seine KI-Reise richtig begonnen hat?
Wenn wir 2028 zurückschauen, werden wir erfolgreiche KI-Reisen daran erkennen, dass KI-gestützte Prozesse zum operativen Alltag gehören. Unternehmen, die früh ihre Datenstrategie implementiert haben, weisen eine hohe Datenqualität und durchgehende MLOps-Pipelines auf. Ein praktisches Beispiel könnte zum Beispiel eine prädiktive Wartungslösung für unsere AWS-Deployments sein, die ungeplante Ausfälle um eine bestimmte Prozentzahl reduziert. Solche Erfolge dokumentieren, dass die KI-Strategie nicht nur gestartet, sondern richtig durchdacht wurde.